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Energiebeschaffung

Das Phänomen negativer Strompreise: Rekordhoch auf niedrigem Niveau.

2. Feb. 2020

Die Stundenanzahl, zu der die Strombezugspreise in Deutschland ein negatives Vorzeichen hatten, erreichte im vergangenen Jahr einen neuen Rekordwert – allerdings auf weiterhin niedrigem Niveau. An 211 von insgesamt 8.760 Stunden bekamen Verbraucher somit den Bezug vergütet, statt, wie sonst üblich, dafür den jeweiligen Marktpreis bezahlen zu müssen – das entspricht einem Anteil von 2,4%.

Seit dem Jahr 2008 gibt es in Deutschland diese Marktregelung und die Anzahl der Stunden mit negativen Preisen steigt kontinuierlich. Zwischen 2015 und 2018 lag der Wert zwischen 97 und 146 Stunden, in den Jahren davor größtenteils deutlich darunter. Womit hängen diese Entwicklung zusammen und ob und wie können Industriekunden davon eventuell profitieren?

Nach der sogenannten Sechs-Stunden-Regelung erhalten Betreiber von Erneuerbaren-Energien-Anlagen in Zeiträumen, in denen in mindestens sechs aufeinanderfolgenden Stunden negative Preise herrschen, keine Marktprämie für den direkt vermarkteten Strom vergütet. Was für diese Marktakteure mit einem finanziellen Nachteil einhergeht, verschafft Stromverbrauchern die Möglichkeit, sich den Strombezug „vergolden zu lassen“. Hier kann, anders als bei den Ökostromproduzenten, schon jede einzelne Stunde mit negativen Preisen für den Kostenvorteil genutzt werden. Doch wie hoch ist das Potenzial tatsächlich?

In funktionierenden Märkten bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis. Unterstellt man, dass die Preisbildung am Strommarkt unter marktwirtschaftlichen Aspekten korrekt zustande kommt, und wird sich dessen bewusst, dass, um die Netzstabilität zu gewährleisten, sich die Einspeisung und die Entnahme der Strommenge zeitgleich immer die Waage halten müssen, überraschen die negativen Preise nicht. Der Strom muss genutzt werden – wenn es sein muss, auch zu einem negativen Preis.

Das ist kein neues Phänomen, sondern bereits seit September 2008 an der Strombörse zu beobachten. Damals wurden negative Strompreise, auch auf den Wunsch vieler Markteilnehmer, zugelassen – als Anreiz für konventionelle Kraftwerke, ihre Stromproduktion der schwankenden Nachfrage und wetterabhängigen Erzeugung aus erneuerbaren Energien anzupassen. Bekannterweise haben Strommengen aus erneuerbarer Erzeugung in deutschen Stromnetzen Vorfahrt. Konventionelle Kraftwerke müssen ihre Produktion an die jeweilige Ökostromeinspeisung anpassen. Da dies nicht immer zeitgleich gelingt, sollen die negativen Preise einen Anreiz auf der Abnehmerseite schaffen, das temporäre Ungleichgewicht im Netz auszugleichen, wenn die teilweise sehr unflexiblen Grundlastkraftwerke dazu nicht in der Lage sind.

In Kenntnis der Funktionsweise ist es nur folgerichtig, dass die negativen Preise überwiegend zu Zeitpunkten auftreten, an denen entweder die Nachfrage deutlich unter das Normalniveau sinkt (Wochenenden, Feiertage, Jahreswechsel) oder das Angebot besonders hoch ist (unerwartet wind- und sonnenreiche Tage). Treffen beide Faktoren zusammen, verstärkt sich dieser Effekt zusätzlich. Das Jahr 2019 war überdurchschnittlich windreich und auch die Anzahl der Sonnenscheinstunden war deutlich höher als in den Vorjahren. Dies führte zu dem neuen Rekordwert, der in den Medien teilweise auf Unverständnis stieß bzw. zu irritierenden Schlagzeilen führte, wie beispielsweise im Handelsblatt vom 3. Januar 2020: „Die Energie-Industrie muss Strom immer häufiger verschenken“ oder „In Deutschland wird immer wieder überschüssiger Strom im Großhandel verramscht.“

Der Zuwachs an negativen Stundenpreisen ist zwar signifikant, doch sind selbst im vergangenen Rekordjahr eben lediglich 2,54% aller Stunden mit negativem Vorzeichen belegt. Zudem treten diese Stunden relativ vereinzelt auf bzw. zu Zeiten, in denen die industrielle Nachfrage nicht sehr stark ausgeprägt ist. Will man dieses Potenzial dennoch für sich nutzen, sind eine hochflexible Produktion und entsprechend flexible Stromlieferverträge zwingende Voraussetzung dafür. Indirekt profitieren Stromverbraucher automatisch auch innerhalb gültiger Standardverträge von diesem Zustand, da die Entwicklung der negativen Preise über die Preisgestaltung in die individuellen Preisformeln mit einfließt.
Sprechen Sie uns bitte an, wenn Sie von der hier beschriebenen Entwicklung stärker und direkt profitieren wollen. Gerne untersuchen wir gemeinsam mit ihnen mögliche Potenziale.

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