Unternehmen schlagen Alarm, aber EU-Toolbox ohne Werkzeug für die Industrie.
„Nur der BesAR-Antrag 2022 für 2023 ist noch safe.“
Sondierungsergebnis: SPD, Grüne und FDP kündigen viel an und bleiben noch sehr vage.
SPD, Grüne und FDP haben am Freitag das Ergebnis ihrer Sondierungsgespräche veröffentlicht. Darin bekennen sich die wahrscheinlichen Koaltionspartner zu den Pariser Klimazielen: „Wir sehen es als unsere zentrale gemeinsame Aufgabe, Deutschland auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen, so wie es der Pariser Klimavertrag und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorgeben.“ Versprochen wird ein starker Ausbau der Erneuerbaren Energien, ein früherer Kohleausstieg und – natürlich – mehr Geld. Über die Pläne zur „Abschaffung“ der EEG-Umlage berichten wir in einem separaten Beitrag.
Genaue Ausbauziele nennen die möglichen Ampelkoalitionäre nicht, aber Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen erheblich beschleunigt werden (wie genau, bleibt freilich offen). 2% der Landesfläche sollen für Windkraft zur Verfügung gestellt und der Offshore-Ausbau „erheblich“ beschleunigt werden. Bei der Solarenergie soll es eine PV-Pflicht geben auf gewerblichen Neubauten und bei privaten Neubauten zur Norm werden. Neben den Erneuerbaren sollen neue Gaskraftwerke errichtet werden, die allesamt „H2-ready“, also umrüstbar auf Wasserstoff, sind. Auch beim Kohleausstieg bleiben SPD, Grüne und FDP im Ungefähren: „Idealerweise“ soll der Exit vor 2030 kommen, ein fixes Ausstiegsdatum wird jedoch nicht genannt. Bislang recht wenig Beachtung fand die Ankündigung einer Reform des Strommarkt-Designs. Wenn die angehenden Koalitionspartner es damit ernst meinen, dürfte es sich um eines der größten energieregulatorischen Vorhaben der vergangenen Jahrzehnte handeln.
Viel mehr Informationen gibt es nicht, die Klimapolitik wird in dem Dokument nur sehr grob umrissen. Weitere Beispiele gefällig? Was der Satz „Die Einhaltung der Klimaziele werden wir anhand einer sektorübergreifenden und analog zum Pariser Klimaabkommen mehrjährigen Gesamtrechnung überprüfen“ bedeuten soll, ist völlig unklar. Auch nach der Ankündigung, zu Beginn der Legislaturperiode ein Paket „mit allen notwendigen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen auf den Weg [zu] bringen“, ist der Leser nicht viel schlauer. Auch Klimaschutzgesetz und Emissionshandel sollen überarbeitet werden. Die Ankündigung, das Brennstoffemissionshandelsgesetz „im Sinne des EU-Programms Fit for 55“ überarbeiten zu wollen, lässt uns ebenfalls rätselnd zurück. Bedeutet das ein Anheben des nationalen CO₂-Preises oder ein Übergang in den Markt schon vor 2026? Auch wieviel Geld bereitgestellt werden soll, ist unklar. Das Füllhorn soll mithilfe von „Superabschreibungen“ und der Streichung von „überflüssigen“, „unwirksamen“ und „umwelt- und klimaschädlichen“ Subventionen ausgeschüttet werden. Nun denn, die Industrie wird abwarten müssen, was mit den Allgemeinplätzen gemeint ist. Wir werden die Koalitionsverhandlungen, die in Kürze beginnen sollen, für Sie beobachten und analysieren, welche regulatorischen Rahmenbedingungen das neue „Klimaministerium“, das FDP-Parteichef Christian Lindner am Sonntag in der ARD ankündigte, schaffen möchte.
Die meisten Ankündigungen der Sondierungspartner können von der Industrie „unterschrieben“ werden. Die Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien ist dringend erforderlich, da er gleichzeitig einen Beitrag zur Dekarbonisierung und zur langfristigen Marktpreissenkung leistet. Der Ausbau der Erneuerbaren ist gleichwohl mit dem Ausbau der Stromnetze zu synchronisieren. Die angekündigte Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren ist ebenfalls zu begrüßen, ebenso wie die „Umfinanzierung“ der EEG-Umlage. Um noch ein wenig Wasser in den Sondierungswein zu gießen: Solarenergie ist wohl kaum an jedem Standort sinnvoll und führt für Unternehmen zu erheblichen Mehrkosten. Ist es wirklich schlau, eine PV-Anlage auf jedem Neubaudach zu installieren? Beim Kohleausstieg bleibt die Ampel übrigens besonders wolkig. Es dämmert wohl auch den Grünen: Wer aussteigt, muss auch irgendwo einsteigen. Sollte der Kohleausstieg über hohe CO₂-Preise oder per Ordnungsrecht vorgezogen werden, muss ganz schnell geklärt werden, bis wann wie viele grundlastfähige Gaskraftwerke gebaut werden müssen.
Die Ankündigungen werfen unzählige Fragen im Detail auf, da Energiepolitik und -regulatorik im Detail komplex sind. Erst nach Beantwortung dieser Fragen in den kommenden Wochen und Monaten wird es mehr Klarheit und Planungssicherheit für energieintensive Unternehmen geben. Trotz gegenteiliger Ankündigung der Parteichefs klingt vieles nach einer Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners. Interessant ist auch, was alles nicht im Sondierungsergebnis enthalten ist. Die energiepolitischen Koalitionsverhandlungen dürften herausfordernd werden.
Unternehmen schlagen Alarm, aber EU-Toolbox ohne Werkzeug für die Industrie.
„Nur der BesAR-Antrag 2022 für 2023 ist noch safe.“
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